Mein Traumstuhl - Projekt mit Schüler*innen
Einen persönlichen Traumstuhl gestalten konnten 14 Gesamtschüler*innen aus zwei Klassen des Schule & Beruf-Projektes "SchuB" der Brüder-Grimm-Schule Gießen Klein-Linden. Das Projekt fand 2014 im Werk- und Kunstunterricht statt und verband das kreative und handwerkliche Arbeiten mit der Auseinandersetzung um den weiteren Lebensweg.
In dem über mehrere Monate andauernden Projekt konnten Schülerinnen und Schüler nach eigenen Wünschen ihre ganz persönlichen Stühle gestalten. Nachdem einige Ideen und Beispiele präsentiert wurden, ging es darum, persönlich Zugang zu dem Thema zu finden: Wie soll mein Platz aussehen? Was wünsche ich mir? Und welche persönlichen Elemente möchte ich dabei einbeziehen? Die Schüler*innen suchten sich ein "Modell" aus einem Pool ausrangierter Stühle aus und ließen bei der Verwirklichung ihren Ideen freien Lauf. So blieben manche Stühle als Sitzplatz erhalten, andere wurden unbrauchbar gemacht oder erhielten eine neue Funktion wie zum Beispiel als Pflanzhocker.
Dabei lernten die Schüler*innen verschiedene handwerkliche Techniken kennen und konnten diese ausprobieren: sie modellierten mit Draht und Pappmaché, sägten, schliffen, dekorierten, bohrten Löcher, grundierten und malten, nagelten und schraubten. Jeder konnte nach seinen Wünschen handwerklich-kreative Techniken ausprobieren und einsetzen. Für viele war dies das erste Mal, dass sie bestimmte Werkzeuge in der Hand hatten und damit Erfahrungen sammeln konnten. Auch waren viele davon überrascht und teilweise anfangs auch etwas überfordert, dass sie tatsächlich die eigenen Vorstellungen umsetzen durften und nicht nach einer Vorgabe arbeiten mussten. Die Überforderung schlug dann aber schnell in Experimentierfreude um. Die Schüler*innen gingen alle mit einem Plan ans Werk, aber im Prozess des Gestaltens kamen neue Ideen dazu, tauchten weitereThemen auf und nahmen "Platz". Freundschafts-Stühle wurden umgewidmet, Migrationserfahrung wurde eingezogen und gestaltet, Gefühle wie Wut und Trauer ließen sich mit Farbe ausdrücken und thematisieren.
Bewusst arbeiteten wir viel mit Recyclingmaterial und verzichteten auf teure Accessoires zum Verzieren. Dadurch konnten die Schüler*innen auch die Erfahrung machen, dass vieles mit einfachen Mitteln restauriert oder repariert werden kann, ohne das direkt etwas neues gekauft werden muss. Die praktische Erfahrung, Gegenstände in einen neuen Zusammenhang zu stellen und damit Altes wiederzuverwenden war für viele neu und hilfreich. Ein solcher Perspektivwechsel hat nicht nur handfesten Nutzen, sondern kann auch im übertragenen Sinne für das eigene Leben hilfreich sein, wenn es darum geht, ungewöhnliche Lösungen und Wege einzubeziehen und einzuschlagen.
Die 14 so entstandenen Stühle sind einerseits alles sehr individuelle Einzelstücke, andererseits steckt in jedem auch ein Stück Gruppenarbeit. Bei vielen Tätigkeiten war gegenseitige Hilfe notwendig, und die Schüler*innen unterstützten sich gegenseitig. Aber sie machten auch Vorschläge und überlegten gemeinsam, wenn es darum ging, Ideen zu verwirklichen. In einer stets gemeinsam abgehaltenen Anfangsrunde berichtete jede*r, was er oder sie in der folgenden Arbeitseinheit an seinem Stuhl gestalten wollte. Dabei kamen viele Ideen auf, aber oft fehlte es an Kenntnissen, wie diese umgesetzt werden könnten. Gemeinsam sammelten wir Vorschläge und klopften sie auf ihre Brauchbarkeit ab. So wurde während der praktischen Arbeit auch viel diskutiert und experiemtiert. Es war spannend zu erleben und zu unterstützen, wie aus jedem Stuhl ein individuelles Kunstwerk wurde, das am Ende einen besonderen Platz im eigenen Zimmer bekam oder auch als Geschenk seine Verwendung fand.