Die Berliner Bänkelsänger - das Märchen von der sozialen Gerechtigkeit
Erwerbslosen entwickeln ein Hörspiel zur Auseinandersetzung mit Perspektiven nach Hartz IV
Die Reformen der Bundesregierung, wie sie sich in den Hartz- und Agenda Gesetzen niederschlagen bedeuten weitere tiefe Einschnitte in das Netz der sozialen Sicherung. Ganz besonders stark davon betroffen sind Arbeitslose und Sozialhilfebezieher*innen. Die Arbeitslosenhilfe wurde gestrichen, die Sozialhilfe gekürzt, die Leistungen der Krankenkassen verringert, die Beiträge und Zuzahlungen erhöht, usw. Auf der anderen Seite stiegen im gleichen Zeitraum Managergehälter, Unternehmen zahlen geringere bis keine Steuern. Die Lasten sind ungleich verteilt. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit ist ganz zentral und heiß umstritten. Am wenigsten Gehör finden dabei aber die, die am stärksten betroffen sind. Deshalb war es Ziel dieses Kulturseminars einen Beitrag zu leisten, gerade Menschen in Armut und Erwerbslosigkeit eine Plattform für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung zu stellen.
Die Grundlage bildeten alte Märchen und Sagen, die mit der Diskussion aktueller Entwicklungen, Einschätzungen und Visionen verknüpft wurden. In vielen Märchen geht es um Moral und ethische Werte, aber auch um Armut und Reichtum, weshalb sie sich sehr gut eignen, das Thema Gerechtigkeit bzw. soziale Gerechtigkeit aufzuarbeiten. In verschiedenen Arbeitsgruppen konnten sich Erwerbslose an der Erstellung des Hörspiels beteiligen. Eine Textgruppe entwickelte die Handlungsstränge und schrieb die Szenen. Eine Technikgruppe arbeitete sich in Aufnahmtechnik und digitalen Schnitt ein und übernahm die Aufnahmen und die Zusammenstellung der Geschichte am Computer. Eine Malgruppe visualisierte die Szenen auf Papier - diese Bilder wurden bei der Präsentation am letzten Tag mit ausgestellt. Innerhalb der drei Arbeitstage kam die Gesamtgruppe von 25 Teilnehmer*innen immer wieder im Plenum zusammen, hörte und besah die bisherigen Ergebnisse und erarbeitete gemeinsam das weitere Vorgehen. Aus allen Gruppen konnten Teilnehmer*innen als Sprecher*innen im Hörspiel zu Wort kommen. Außerdem bildete sich noch eine Gruppe, die Geräuschkulissen und Hintergrundgeräusche fabrizierte. Durch die anschließende Präsentation im öffentlichen Rundfunk wurde ein Weg zur Partizipation an der gesellschaftlichen Diskussion eröffnet.
Die Veranstaltung fand statt vom 19. bis 22. Juli 2004 in der Evangelischen Jugendbildungsstätte Frauenberg in Bad Hersfeld in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und dem Amt für kirchliche Dienste der evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck und wurde von Holger Wilmesmeier und Martina Bodenmüller angeleitet. Das Hörspiel steht am Ende der Seite zum Reinhören und zum Download zur Verfügung.