Gestalterischer Dialog - kulturelle Vielfalt auf der Leinwand
Die Methode der gemeinsamen Gestaltung von Bildern und Skulpturen kann auf ganz unterschiedliche Weise zum Einsatz kommen und mit unterschiedlichsten Zielgruppen verwirklicht werden. So zum Beispiel die Projekttage "Dialog der Kulturen" in Wetzlar und Gera im September und Oktober 2001.
Ausgangspunkte für die Aktionstage "Dialog der Kulturen" waren die politische Debatte um Zuwanderung und "Leitkultur" einerseits und gesellschaftliche Realität und soziales Klima andererseits, die gekennzeichnet sind durch wachsende Fremdenfeindlichkeit, rechte Gewalt, aber auch Ausgrenzung und Übergriffe gegen benachteiligte gesellschaftliche Gruppen wie zum Beispiel Menschen mit Behinderung oder Wohnungslose. Ein Gedanke ist dabei, der engstirnigen "Leitkultur-Ideologie" etwas entgegensetzen. Denn gerade Kultur lebt von der Vielfalt, vom Fremden, Avantgardistischen und Andersartigen. Wird sie in enge Schranken gepresst, verkümmert sie und wird einseitig.
Jedoch verunsichert "Fremdes" oft und macht Angst. Das betrifft nicht nur Menschen, die aus anderen Ländern kommen - auch innerhalb eines Kulturkreises werden unterschiedliche Kulturen gelebt und teilweise wiederum von anderen abgelehnt. Hier denke man zum Beispiel an die Arbeiterkultur oder an die Vielfalt der Jugendkulturen. Toleranz kann wachsen, wenn Annäherungen und Versuche des Verstehens möglich sind. So zeigt sich zum Beispiel, dass Ausländerfeindlichkeit oftmals durch Kontakt und Kommunikation mit Menschen mit Migrationshintergrund abnimmt. Um sich anzunähern bedarf es geeigneter Orte und Situationen, so dass fremde, vielleicht unverständliche Sicht- und Lebensweisen betrachtet werden können, ohne dass sie als Bedrohung erlebt werden.
Eine solche integrative Aktion ist der "Dialog der Kulturen", bei dem Verstehen und Annäherung nicht im Gespräch, sondern auf der Leinwand stattfinden. Gezielt wurden Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und kulturellen Zusammenhängen zu diesem Event eingeladen, bei dem Annäherung, Verstehen und Kommunikation einmal nicht auf sprachlicher Ebene, sondern "ohne Worte" ausprobiert werden. So kamen Schülerinnen und Schüler, Menschen mit geistiger Behinderung, arbeitslose und ausländische Menschen beim Malen zusammen, aber auch Vertreterinnen und Vertreter aus Firmen, Politik und Presse beteiligten sich. Dabei wurden keine Vorgaben gemacht, keine Entwürfe vorgezeichnet und festgelegt. Gemalt wurde in Gruppen von 4 - 6 Personen auf je einem Quadratmeter Leinwand. Es wurden Acrylfarben verwendet, die die Möglichkeit bieten, bereits Gemaltes wieder und wieder zu verändern. Das Ergebnis ist somit das Produkt eines dialogischen Prozesses, eines Aushandelns mit Pinsel, Spachtel und Farbe, eines Gespräches ohne Worte. Gefühle, Grenzen, Angst, Anregung, Nähe - all das hat auf der Leinwand Platz, es können Auseinandersetzungen und Annäherungen stattfinden und ein interessantes gemeinsames Bild erstehen lassen.
Die Aktionen wurden veranstaltet mit der Wetzlarer Arbeitsloseninitiative e.V. WALI und der Talisa - Arbeitsloseninitiative Thüringen e. V., in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Wetzlar-Weilburg und des Fördervereins gewerkschaftlicher Arbeitslosenarbeit Bielefeld e. V.